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Störungsbilder & Behandlungsmöglichkeiten

Störungen der kindlichen Aussprache („Dyslalie“)

Wie erkenne ich, ob mein Kind von einer Aussprachestörung betroffen ist?

Eine sog. „Sprachentwicklungsstörung“ - hier im Bereich der Aussprache - liegt dann vor, wenn Ihrem Kind Fehler unterlaufen, die nicht mehr altersgerecht (im Zuge der normalen Sprachentwicklung; siehe Tabelle unten) auftreten. Ebenso sind Aussprachefehler, die im Rahmen der normalen Sprachentwicklung überhaupt nicht vorkommen sollten (siehe unten „Arten von Aussprachestörungen – phonologische Störung“), Anzeichen für eine Störung der Sprachentwicklung, die logopädisch behandelt werden sollte.

Bitte beachten Sie, dass auch bestimmte (Grund-)Erkrankungen wie z.B. eine Hörstörung die Sprachentwicklung Ihres Kindes nachteilig beeinflussen können.

Welche Laute sollte mein Kind in welchem Alter beherrschen?

Bezüglich der deutschen Sprache erwerben Kinder die Laute und Lautverbindungen wie folgt:

Spielplatz Liebknechtstraße
Welche „Aussprachefehler“ sind in welchem Alter „normal“?

Sollte Ihr Kind einen Laut oder eine Lautverbindung noch nicht beherrschen, kann es vorkommen, dass es Vereinfachungen (sog. „physiologische phonologische Prozesse“) nutzt. Diese Vereinfachungen treten in den folgenden Altersabschnitten häufiger auf und sind in dieser Zeit noch unbedenklich:

  • Reduzierung von Konsonantenverbindungen
    • Bsp.: „bl“ wird zu „b“ → „Blume“ wird als „Bume“ gesprochen
      → normal von 2;0 - 3;11 Jahren*
       
  • Lautangleich durch benachbarte Laute (sog. „Assimilation“)
    • Bsp.: Laute am (Wort-)Ende beeinflussen vorangegangene Laute → „fünf“ wird als „fümf“ gesprochen
      → abhängig von der Art des Lautangleichs normal bis zu einem Alter von ca. 3;11 Jahren*
       
  • Vorverlagerungen von Lauten
    (Laute, die eigentlich im mittleren/hinteren Mund/-Zungenbereich gebildet werden sollten, werden im vorderen Bereich gebildet, was deren klangliche Eigenschaften verändert)
    • Bsp. 1: „k“ wird zu „t“ oder „d“ → „Kasse“ wird als „Tasse“ oder „Dasse“ gesprochen
      → normal von 2;0 - 3;5 Jahren*
    • Bsp. 2: „g“ wird zu „t“ oder „d“ → „Geld“ wird als „Teld“ oder „Deld“ gesprochen
      → normal von 2;0 - 3;5 Jahren*
    • Bsp. 3: „ch“ wird zu „s“ → „Blech“ wird als „Bles“ ausgesprochen
      → normal von 2;0 - 4;11 Jahren*
    • Bsp. 4: „sch“ wird zu „s“ → „Schal“ wird als „Sal“ ausgesprochen
      → normal von 2;0 - 4;11 Jahren*
       
  • Rückverlagerungen von Lauten
    (Laute, die eigentlich im vorderen Mund-/Zungenbereich gebildet werden sollten, werden im mittleren/hinteren Bereich gebildet, was deren klangliche Eigenschaften verändert)
    • Bsp.: „sch“ wird zu „ch“ → „schön“ wird als „chön“ ausgesprochen
      → normal von 2;0 - 3;5 Jahren*

 

*Bitte bedenken Sie: Auch wenn die o.g. Vereinfachungen im Rahmen des normalen Spracherwerbs in bestimmten Altersabschnitten als zunächst unbedenklich eingestuft werden, so sollte eine logopädische Behandlung dennoch stets so früh wie möglich erfolgen um zu verhindern, dass sich diese (eigentlich) vorübergehenden Vereinfachungsprozesse verfestigen und zu bleibenden Aussprachefehlern werden, denn leider überwinden nicht alle Kinder ihre Vereinfachungsstrategien selbstständig.

Gibt es verschiedene Arten von Aussprachestörungen?

Ja. Grundsätzlich wird in Sprech- und Sprachstörungen unterschieden: Kann Ihr Kind einen Laut nicht bilden/sprechen, dann liegt eine „Sprechstörung“ vor; wenn Ihr Kind einen alleinigen Laut zwar sprechen, aber nicht im Wort anwenden kann, wird dies als „Sprachstörung“ bezeichnet (Bsp.: Der Laut „k“ kann gebildet werden, jedoch wird er im Wort „Kanne“ als „t“ - also „Tanne“ - gesprochen).

Darüber hinaus untergliedern Logopäden Aussprachestörungen nach der Art, dem Zeitpunkt und der Häufigkeit ihres Auftretens wie folgt:

  • Artikulationsstörungen
    • Es finden Fehler bei der Bildung der Laute statt
      • Bsp.: häufig beim Laut „s“ (umgsspr. „Lispeln“) oder der Lautverbindung „sch“
         
  • Verzögerung der phonologischen Entwicklung
    • Das betreffende Kind konnte seine Lautvereinfachungen im jeweiligen Alter nicht überwinden und setzt diese fort
      • Bsp.: Ein vierjähriges Kind spricht anstelle eines „k“ ein „t“ („Kanne“ wird als „Tanne“ gesprochen), wobei diese Lautvereinfachung spätestens ab ca. 3;5 Jahren nicht mehr geschehen sollte
         
  • Konsequente phonologische Störungen
    • In diesem Fall treten stets gleiche (konsequente) Lautveränderungen auf, die im „normalen“ Spracherwerb nicht vorkommen (auch nicht als Lautvereinfachung)
      • Bsp.: Ein Kind spricht anstelle eines „t“ ein „k“ („Tisch“ wird als „Kisch“ gesprochen)
         
  • Inkonsequente phonologische Störungen
    • Bei dieser Aussprachestörung treten unterschiedliche (inkonsequente) Lautveränderungen auf
      • Bsp.: Das Wort „Tisch“ wird ausgesprochen als „Kisch, Tis, Tich […]“
Was sind die Ursachen für Störungen der Aussprache?

In den meisten Fällen ergeben sich Störungen der kindlichen Sprachentwicklung aus einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren.

Organische Ursachen können z.B. das Vorliegen von Hörstörungen, von Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten oder die Ausbildung von Zahnfehlstellungen sein.
Bei Hörstörungen kann das betreffende Kind Laute in einem bestimmten Frequenzbereich der Sprache (z.B. sog. „Zischlaute“ wie „sch“ oder „s“) nicht auditiv wahrnehmen und folglich auch nicht nachahmen bzw. erlernen, sofern die Hörstörung nicht frühzeitig behandelt wird.
Sind die Sprechwerkzeuge (Lippen, Zunge, Zähne etc.) fehlgebildet, sind die normalen Bewegungsabläufe zum Erzeugen bestimmter Laute beeinträchtigt, wodurch diese nicht korrekt gesprochen werden können.

Erblich bedingte Faktoren stellen u.a. die Weitergabe einer genetischen Veranlagung für Krankheiten oder Behinderungen dar, die den Spracherwerb beeinflussen können; häufige Beispiele bilden das „Down-Syndrom“ oder die „Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung“ (kurz: ADHS).

Ebenfalls nicht zu unterschätzen sind die sog. „soziokulturellen Einflüsse“, also die Einflüsse der (Lebens-)Umwelt eines Kindes; zu diesen zählen beispielsweise das Ausbleiben von Anregungen zum Umgang mit der Sprache (Kind ist nur selten gefordert selbst zu sprechen), die Nachahmung ungeeigneter Sprachvorbilder durch die Kinder (Personen, die selbst unter Aussprachestörungen leiden wie z.B. dem „Lispeln“) oder der inkorrekte Umgang mit Zweisprachigkeit im Kindesalter (für weitere Informationen siehe „Störungen der kindlichen Sprachentwicklung durch Zweisprachigkeit“.

Können sich Aussprachestörungen auch ohne eine Sprachtherapie bessern?

Die therapieunabhängige Verbesserung einer Sprachstörung im Kindesalter geschieht eher selten; generell ist eine möglichst frühzeitige sprachtherapeutische Behandlung empfehlenswert, um einer „Verfestigung“ der Sprachstörung vorzubeugen.

Mein/e Sohn/Tochter zeigt Anzeichen einer Aussprachestörung. Muss ich ihn/sie logopädisch behandeln lassen? Was geschieht, wenn ich es nicht tue?

Es bestehen derzeit keine gesetzlichen Verpflichtungen bzw. Vorgaben der Krankenkassen bezüglich der sprachtherapeutischen Behandlung kindlicher Sprachentwicklungsstörungen.

Es liegt jedoch in Ihrem eigenen Interesse bzw. dem Interesse Ihres Kindes, eine logopädische Therapie durchführen zu lassen – nicht nur ist eine Behandlung von Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen nach Beendigung des 18. Lebensjahres nicht mehr kostenfrei (Personen sind ab diesem Zeitpunkt „zuzahlungspflichtig“, siehe „Kosten einer logopädischen Therapie“), auch können sich die vorliegenden Störungen verfestigen und weitere Spätfolgen nach sich ziehen.

Neben den hörbaren Einschränkungen der Aussprache (z.B. „Lispeln“) - die ein anderes Kind als lustig, Ihr Kind jedoch als peinlich empfinden könnte - weisen Kinder mit unbehandelten Sprachentwicklungsstörungen ein erhöhtes Risiko für die Ausprägung einer Lese-Rechtschreib-Störung auf. Insbesondere in Anbetracht von späteren schulischen Leistungsproblemen sollte dieser Aspekt bedacht werden, bevor Sie sich gegen eine Behandlung entscheiden.

Wann sollte ich mit meinem Kind einen Logopäden aufsuchen?

Wenn Ihnen bei Ihrem Kind eine Störung der Sprachentwicklung auffällt, ist es - generell gesprochen - sinnvoll, eine möglichst zeitnahe logopädische Behandlung anzustreben.
In Abhängigkeit der vorliegenden Sprachstörung (s.o.: „Arten von Aussprachestörungen“) kann Ihnen die nachfolgende zeitliche Einteilung bei Ihrer Entscheidung für einen Therapiebeginn helfen:

  • Störungsbild: Artikulationsstörung/Aussprachestörung
    • Behandlungsbeginn:
      Ca. mit/ab dem fünften Lebensjahr (auch nach Zahnwechsel möglich), im Erwachsenenalter jederzeit
       
  • Störungsbild: Verzögerung der phonologischen Entwicklung
    • Behandlungsbeginn:
      Ca. 6 Monate nachdem die vom Kind verwendete „Lautvereinfachung“ hätte überwunden sein müssen (Bsp.: Das betreffende Kind ersetzt mit 4 Jahren noch „k“ durch „t“, wobei dieser Prozess mit etwa 3;5 Jahren überwunden sein sollte)
       
  • Störungsbild: Konsequente phonologische Störungen
    • Behandlungsbeginn:
      Ab einem Alter von ca. 3;6 Jahren (unabhängig von den stattfindenden Lautveränderungen)
       
  • Störungsbild: Inkonsequente phonologische Störungen
    • Behandlungsbeginn:
      So früh wie möglich; bereits ab einem Alter von ca. 2;8 Jahren durchführbar
Wie läuft eine Sprachtherapie beim Logopäden ab?

Liegt bei Ihrem Kind eine reine Aussprachestörung vor, konzentrieren sich die Therapiemaßnahmen auf das „Anbahnen des Ziellautes“, bestehend aus Hörübungen zur Unterscheidung des bisher inkorrekt gebildeten Lautes vom neu zu erlernenden (nun korrekt gebildeten) Laut.
Zudem finden mundmotorische Übungen zum Training der Mund-, Wangen-, Lippen- und Zungenmuskulatur statt, um die an der Lautbildung beteiligten Muskelgruppen auf die veränderten Bewegungsabläufe „vorzubereiten“.

Im Falle einer verzögerten phonologischen Entwicklung oder einer konsequenten phonologischen Störung steht die Förderung der sog. „phonologischen Bewusstheit“ im Vordergrund: Im Rahmen der „Hörunterscheidung“ werden zunächst Geräusche und später Laute miteinander verglichen, um Ihrem Kind deren klangliche Unterschiede zu verdeutlichen. Nach und nach soll Ihr Kind lernen, die Laute selbstständig zu erkennen und zu unterscheiden.

Wenn Ihr Kind Anzeichen einer inkonsequenten phonologischen Störung zeigt, so werden zunächst kindgerechte Symbole für die betreffenden Laute erarbeitet. Daraufhin erfolgt das „vergleichende Hören“, bis die Laute sicher erkannt, unterschieden und schließlich selbstständig gesprochen werden können.
Das Ziel besteht darin, dass die Worte, die den sog. „Ziellaut“ (Laut, der bisher nicht korrekt gesprochen werden konnte) enthalten, richtig ausgesprochen werden – ebenso wird die Fähigkeit zur Selbstkorrektur trainiert, d.h. sollte Ihrem Kind doch noch einmal ein Fehler unterlaufen, wird es diesen künftig selbstständig erkennen und korrigieren.

Wie kann ich die logopädische Behandlung meines Kindes unterstützen?

Wenn Sie bzw. Ihr Kind häusliche Übungen nach der Therapie erhalten empfehle ich diese gemeinsam und in einer ruhigen bzw. störungsarmen Umgebung durchzuführen. Meist benötigen Sie für die Übungen nur ca. 10-15 Minuten Zeit und das gemeinschaftliche Lernen bindet Sie als Eltern indirekt in das Therapiegeschehen ein – so sind auch Sie immer auf dem neuesten Stand und Ihr Kind wird Spaß daran haben, Ihnen etwas Neues zeigen zu können.

Ebenso wichtig ist die Verdeutlichung des Ziels der Übungen: Es ist durchaus sinnvoll, dass auch Sie als Eltern Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter die Bedeutung der Übungen für deren alltägliche Verständlichkeit nahelegen. Es geht nicht darum, für die Therapie bzw. den Therapeuten zu lernen, sondern in erster Linie für sich selbst.
Ein Beispiel für eine solche Verdeutlichung wäre die Betonung der korrekten Aussprache im Alltag (eine bessere Aussprache hilft bei der Verständigung mit Freunden im Kindergarten/in der Schule).

Schließlich kann es nicht schaden, eine kleine Belohnung für die Erfüllung einer Aufgabe bereitzuhalten; jedoch sollte diese stets in einem angemessenen Umfang erfolgen, damit nicht ausschließlich „für die Belohnung“ geübt wird.

Versuchen Sie, die von Ihrem Kind innerhalb der Therapie erlernten Techniken (z.B. das „unterscheidende Hören“) auch im Alltag einzubauen, in dem Sie beispielsweise gelegentlich Dinge aus der Umwelt benennen und Ihr Kind dabei fragen, welches „Geräusch“ (entsprechend dem in der Therapie erlernten Lautsymbol) es gehört hat. Wenn die Zuordnung nicht stimmt, korrigieren Sie Ihr Kind, indem Sie sagen, welches Geräusch Sie gehört haben und betonen dieses nochmals beim wiederholenden Sprechen.

Abschließend möchte ich Sie darauf hinweisen, Ihr Kind in einem „ausgewogenem Maß“ zu unterstützen: Zu häufig stattfindende Hinweise auf Fehler können demotivierend wirken, gleichermaßen ungeeignet ist das Fehlen von Hinweisen, da Kinder auf eine Rückmeldung der Personen ihres Umfeldes angewiesen sind, um eventuelle Fehler zu bemerken.
Es kann ein wenig Zeit erforderlich sein, um dieses „Gleichgewicht“ zu finden, allerdings ist es für die Entwicklung Ihres Kindes innerhalb und außerhalb der Therapie von tragender Bedeutung.